…“Wie hast du das denn gemacht, hast wohl mit deinem Chef geschlafen?“…

Ich habe von Sommer 2022 bis 2023 das erste Lehrjahr zur Zimmerin [im Westen Deutschlands] an einer Berufsschule absolviert. Das Jahr ist [dort] Vollzeit schulisch und besteht aus Theorie- und Praxisanteilen (mit einigen Praktika dazwischen) und ist gewerksübergreifend (Berufsfachschule Bautechnik mit Maurer*innen, Zimmer*innen, Straßen- und Tiefbauer*innen, Fliesenleger*innen und Dachdecker*innen).
 

Ich bin eine queere Frau und war die einzige FLINTA* in einer 25-köpfigen Klasse von 16- bis 23-jährigen Dudes. Lehrer waren auch alle cis-männlich. Das ganze Jahr war durch die Bank weg richtig schrecklich, meine Mitschüler haben Alles und Jeden sexualisiert, so auch mich. Da blieb es auch nicht aus, dass mir, wenn ich eine gute Note für etwas bekommen habe, unterstellt wurde, ich hätte meinem Lehrer einen geblasen oder sonst was gemacht. Kommentare wie dieser waren an der Tagesordnung. Teilweise ging es auch so weit, dass ich in einzelnen Fällen körperlich mit Mitschülern aneinandergeraten bin, das ging von Schubsen bis zu dollem Festhalten. An Beleidigungen wie „Fotze, Hure etc.“ war ich in dem Schuljahr irgendwann so gewöhnt wie an meinen Namen. Also viele Mikroaggressionen, aber auch große Auseinandersetzungen habe ich in dem Jahr durchgemacht.

Eine Situation ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Das war im Herbst 2022, wir waren zuvor gerade für ein Praktikum für 3 Wochen in unseren jeweiligen Ausbildungsbetrieben gewesen und mussten dann eine Praktikumsbewertung von unserem Betrieb bei unserem Lehrer abgeben. Ich hatte eine sehr gute Bewertung bekommen weil ich ordentlich gearbeitet habe (ich habe auch einen coolen Ausbildungsbetrieb und ein gutes Verhältnis zu meinem Ausbilder). Ich habe dann meine Bewertung abgegeben, mein Lehrer hat sie sich durchgelesen und konnte sich wohl nicht erklären, wie ich als Frau zu so einer guten Bewertung gekommen wäre. Also hat er mich laut und vor der gesamten Klasse gefragt: „Wie hast du das denn gemacht, hast wohl mit deinem Chef geschlafen?“
 

Ich war in der Situation super perplex und wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte also hab ich einfach nur entgegnet „Nein, ich habe einfach gute Arbeit gemacht“. Das ist zwar irgendwie nicht das Schlimmste gewesen, was mir in dem Jahr passiert ist aber es hat sich besonders eingebrannt, weil es halt von meinem Lehrer kam und das halt kein Teen-boy sondern ein 45-Jähriger war.