…da hat er mich aus der Tür geschubst…

Nach meiner ersten Ausbildung habe ich mich dazu entschlossen noch eine Ausbildung als Zimmerin zu machen um noch mehr über Holzverarbeitung zu lernen. Um sicher zu gehen, dass ich mit meinen Vorkenntnissen und meinem Interesse ernst genommen werde machte ich in verschiedenen Firmen Praktika. Und tatsächlich habe ich Eine gefunden in der es mir gut gefallen hat und die mich als Azubi einstellte. Auch über die Dauer der Ausbildung habe ich mich im Betrieb weiterhin wohlgefühlt und wenn es mal zu Auseinandersetzungen kam blieben diese für mich in einem erträglichen Rahmen. Was mich an den Rand meiner Kapazitäten brachte waren die Auseinandersetzungen mit dem Ausbilder im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum (ÜBL), was so eine Art praktische Berufsschule ist.

Direkt am Anfang wurde ich von Azubis, die schon länger da waren, gewarnt mich nicht mit [dem ÜBL-Meister] anzulegen. Schnell habe ich selbst gemerkt, dass [er] Nachfragen und Kritik oft als Angriff auf seine Autorität wahrgenommen hat. Er hat es nicht gern gesehen, wenn ich Techniken angewendet habe, die ich aus meiner ersten Ausbildung kannte. Verständnisfragen konnte er oft nicht klären und hat dann manchmal einfach von etwas anderem geredet. Das war nervig und ärgerlich. Aber so richtig hat der Ärger erst angefangen, als ich in meinem Berichtsheft bei der vorherigen Woche unter Anmerkungen seinen Kommentar gefunden habe: „sehr launenhaftes, forderndes Verhalten gegenüber Vorgesetzten. Unerträgliche Auftretensweise bitte sofort beenden!!!“. Darauf hin bin ich direkt in sein Büro gegangen und wollte darüber reden, aber er meinte, wenn wir darüber reden, dann nur zusammen mit dem Ausbildungsleiter. Ich dachte das wäre eine gute Idee und habe dem zugestimmt. Zu diesem Gespräch kam es nie, erst später habe ich verstanden, dass der Ausbilder mich mit dem Ausbildungsleiter einschüchtern wollte, um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen.

Ich habe daraufhin die Handwerkskammer angerufen, um mich beraten zu lassen, wie die den Kommentar im Berichtsheft einschätzen und welche nächsten Schritte sie mir raten können. Sie waren auch der Meinung, dass der Kommentar nicht dorthin gehört und meinten die Kommentarspalte ist für technische Bemerkungen, wie „Azubis haben Maschinen noch nicht alleine bedient“ oder „andere Aufgaben nicht selbstständig erledigt“. Sie haben mir dazu geraten nichts weiter zu tun, denn der Kommentar diskreditiert nur den Meister und nicht mich. Dem konnte ich nicht zustimmen und habe erneut ein Gespräch mit [dem ÜBL-Meister] gesucht. In seinem Büro habe ich davon erzählt, dass ich von der Handwerkskammer erfahren habe, dass so ein Kommentar nicht dort hingehört. Aber er wollte nichts davon wissen und meinte das würde er schon immer so machen. Als ich nicht lockerlassen wollte, hat er einfach den Raum verlassen. Nur dass ich in der Tür stand (das Büro ist so klein, dass in der Tür eigentlich der einzige Platzt ist), da hat er mich aus der Tür geschubst. Wohl gemerkt ohne mich einmal darauf hinzuweisen, dass er da durch wollte.

Ich fand die Situation so krass, dass ich Tränen zurückhalten musste. Ein anderer Azubi hat mich gefragt ob alles okay ist, aber ich konnte ihn nur wegschicken, weil sonst wäre ich wirklich in Tränen ausgebrochen. In der nächsten Pause bin ich dann hoch ins Büro, um darüber mit einer Person zu reden, ich glaube sie war Sozialarbeiterin.

Ich weiß nicht mehr, ob das beim ersten Treffen oder beim zweiten war, auf jeden Fall hatte ich bedenken, dass es wegen diesem Gespräch Ärger geben könnte und habe die Sozialarbeiterin gebeten [den ÜBL-Meister] anzurufen und mich abzumelden. So hatte ich wenigstens eine Zeugin, dass ich abgemeldet war. Nach dem Gespräch kam es direkt zur Konfrontation mit [ihm], der mir vorwarf mich nicht abgemeldet zu haben. Worauf hin ich gleich wieder hoch ins Büro wollte, um davon zu erzählen, aber [er] hat mir verboten den Raum zu verlassen. Diese Machtspielchen haben mich völlig fertig gemacht und in der nächsten Pause bin ich dann ins Büro gegangen. Kurze Zeit später gab es ein Gespräch zwischen mir und dem Ausbildungsleiter in Anwesenheit der Sozialarbeiterin. Der Kommentar würde im Berichtsheft bleiben, [der ÜBL-Meister] dürfe mir nicht verbieten den Raum zu verlassen und wenn es in Zukunft wieder zu Problemen kommt, solle ich direkt zum Ausbildungsleiter gehen. Das Ergebnis des Ganzen fand ich ein bisschen dürftig, aber was sollte ich machen; ein riesen Fass auf? Ich habe keine weiteren Handlungsspielräume gesehen.

Nur dass es ein halbes Jahr später wieder zur Eskalation kam. Wir haben eine Treppe gebaut, das praktische Werkstück was wir mit nach Hause nehmen durften. Beim Abrichten der Treppenwange ging es [ihm] zu langsam und ich stand gerade an der Abrichte. Ärgerlicherweise wurde meine Wange auch noch rund, was beim fehlerhaftes Bedienen der Maschine und bei langen Stücken passieren kann. [Er] nahm mir die Wange aus der Hand und hat diese einmal abgerichtet, dann bin ich dazwischen gegangen und habe meine Wange zurückgenommen und gefragt ob er mir nicht wenigstens erklären kann was ich besser machen soll anstatt für mich das Werkstück zu bearbeiten. Worauf hin er mich Rotzbengel genannt hat. „Nie wieder solle er mich beleidigen, sonst…“, ich war richtig wütend. Er hat mich gefragt: „was sonst?“ Aber ich war nicht so unbedacht um ihm zu drohen. Nur war ich so wütend, dass meine Aussprache feucht geworden ist, was [er] umgemünzt hat in ich habe ihm angespuckt.

Darauf hin kam es wieder zu einem Gespräch mit dem Ausbilder, nur wurde ich nicht darauf hingewiesen, dass [der ÜBL-Meister] auch mit dabei seien würde. Die Sozialarbeiterin sollte Protokoll schreiben. [Der ÜBL-Meister] sprach von mir als die Unmögliche und hat weiter darauf beharrt, dass ich ihn angespuckt habe. Als der Ausbildungsleiter nachgefragt hat wie wir denn weiter zusammen arbeiten können habe ich erwidert, dass es immer so lange funktioniert bis sich [der ÜBL-Meister] daneben benimmt. Und, dass ich mich auch in der Zukunft nicht schubsen oder beleidigen lassen werde. Wenn es nicht klappt, müsste ich in eine andere Werkstatt. Nur das es nur diese eine Zimmererwerkstatt und nur diesen einen Zimmereimeister auf dem Gelände gab. Außerdem hätte ich mich dann auch nicht mehr bei Problemen und Überlegungen mit den anderen Zimmerei-Azubis austauschen können. Im Endeffekt gab es keine Konsequenzen für den Ausbilder und keine Maßnahmen, die mich effektiv vor weiteren Auffälligkeiten vor [ihm] geschützt hätten. Zum Glück bin ich auch mit dieser Ausbildung durch.